Haus-oder Facharzt hat Ihnen eine Operation der Krampfadern empfohlen. Was tun? Als betroffener Patient sieht man sich heute mit einer Fülle von Angeboten aus Presse und Internet konfrontiert. Diese Informationen lassen bei den Patienten eine berechtigte Unsicherheit über die Wahl der für sie richtigen Methode entstehen. In der Regel handelt es sich dabei um Angaben zu neuen "alternativ Methoden",welche leider als s.g. "Monotherapie" vorgestellt werden. Nachfolgend wird der Versuch unternommen, die aktuellen aktiven Behandlungsmöglichkeiten für Venenpatienten in Übersicht vorzustellen.


Grundvoraussetzung einer erfolgreichen Therapie ist die Kenntnis anatomisch pathophysiologischer Gegebenheiten. Diese sind bereits mit der Untersuchung und apparativen Diagnostik abgeklärt worden. In der Regel sind bei der operativen Indikation verschiedene Abschnitte des Venensystems des Beines betroffen ( Stammvenen, Seitenastvenen, Perforansvenen). Diese müssen nun entsprechend saniert werden. Mit einer einzigen Methode können aber in den seltensten Fällen die verschiedenen erkrankten Venenabschnitte behandelt werden.


Die Qualität und der Erfolg des operativen Vorgehens bestehen darin, ein effektives und vor allem individuell angepasstes Therapiekonzept zu erstellen. Dabei bedient man sich einzelner zur Verfügung stehender Operationsmethoden. Diese werden dann während der Operation nach Bedarf miteinander kombiniert.

Standard der modernen Schulmedizin ist heute eine dem Patienten individuell adaptierten Kombination der verschiedenen Behandlungsverfahren

Grundsätzlich muss heute unterschieden werden zwischen :

  • Erprobten Verfahren = medizinischer Standard - dabei handelt es sich um Behandlungsmethoden die von medizinischen Fachgesellschaften überprüft und in Form von Leitlinien empfohlen werden. Dazu liegen medizinische Langzeitergebnisse vor.


Erprobte operative Standardverfahren sind:

  1. Crossektomie
  2. Stripping erkrankter Venenabschnitte
  3. Perforansligatur, chirurgisch oder endoskopisch
  4. Miniphlebektomie der Seitenäste
  5. Medikamentöse Verödung (Sklerosierung), Hochfrequenz Kaustik, Laser Behandlung

Das Ziel der operativen Behandlung besteht in der Normalisierung oder Besserung der venösen Hämodynamik, in der Beseitigung oder Besserung der Stauungsbeschwerden, in der Abheilung von venösen Ulcera ("offenes Bein"), sowie der Verhinderung von weiteren Komplikationen ( z.B. Phlebitis = Venenentzündung, Thrombose, Venenblutung, sekundäre Leitveneninsuffizienz = Übergreifen der Erkrankung auf das tiefe Venensystem.
Die operative Sanierung erkrankter hämodynamisch wirksamer Venenabschnitte stellt eine kausale Therapieform dar.
Dabei können die erkrankten Venenabschnitte des oberflächlichen Venensystems mittels obengenannter Techniken operiert werden. Diese Vorgehensweise ist unter bestimmten Voraussetzungen gefahrlos möglich, da nur 10-15% des im Bein abtransportierten Blutes über besagte Venen fliesst.

 

Eine Standardoperation verläuft sozusagen in vier Schritten:

Zu 1. Crossektomie = Verschluß der Mündungsklappen
Die Unterbrechung der saphenofemoralen bzw. saphenopoplitealen Verbindung (Mündung der vorderen oder hinteren Stammvene in das tiefe Venensystem) wird Crossektomie genannt. Dabei wird über einen kleinen Hautschnitt in der Leistengegend oder in der Kniekehle das Mündungssegment samt der defekten Schleusenklappe abgetragen.
Die korrekte Durchführung dieses Schrittes ist entscheidend für die Entstehung operationstechnisch bedingter Rezidive ( wiederkehren der Krampfadern).

Zu 2. Stripping = Entfernen der erkrankten Venenabschnitte:
Dabei werden je nach Länge des erkrankten Abschnittes die Vena saphena magna ( vordere Stammvene), oder die Vena saphena parva ( hintere Stammvene) mit einer speziellen Sonde aufgefädelt und komplett oder partiell( teilweise) entfernt.
Für diesen Schritt der Operation können verschiedene Operationstechniken angewandt werden.
-Babcock - Operation: Auffädeln der Vene auf einem speziellen Draht(Babcock-Sonde) mit auswechselbaren Kopf . Anwendbar bei großkalibrigen Venen
- Invagination = Einstülpung:
Die auf einem Draht( Nabatoff-Sonde) oder nadelartigen Sonde (PIN-Stripper) aufgefädelte Vene wird beim Ziehen eingestülpt und in umgekrempelter Weise behutsam herausgezogen. Gewebsschonendes Verfahren für wenig ausgeprägte Befunde.
-Kryoresektion = Kältetechnik : Eine starre Sonde wird in der zu entfernenden Vene eingeführt . Nach der Kälteapplikation friert die Venenwand an der Sondenspitze an .Die Temperatur beträgt -85° C. Das gefrorene Gefäß bricht am unteren Teil ab und wird mit der Sonde herausgezogen. Gut anwendbar ebenfalls bei geringer Ausprägung der Stammvarikose.

Zu 3. Perforansligatur = Ausschaltung der Vv.perforantes( Kurzschlussvenen):
Diese Kurzschlussverbindungen zwischen oberflächlichem und tiefen Venensystem sind im Falle einer nachgewiesenen Insuffizienz Bestandteil des sogenannten Rezirkulationskreises.Somit sollten diese ebenfalls operativ versorgt werden. Das Verfahren stellt eine Grundvoraussetzung zur Abheilung eines chronischen Ulcus cruris"offenes Bein".
Folgende Operationstechniken stehen zur Verfügung:
-Selektive epi-oder subfasziale Dissektion : Wenn keinerlei Hautveränderungen bestehen, werden die markierten Venen von einem kleinen Hautschnitts dargestellt und oberhalb bzw. unterhalb der trennenden Bindegewebsschicht durchtrennt.
-Selektive epi- oder subfasziale Ausschaltung: Bei ausgeprägten Befunden wird über ein ca.3cm.langer Hautschnitt die Vene auf dem Niveau der Bindegewebsschicht ( Faszia cruris) unterbunden und durchtrennt.
-Videoendoskopische Dissektion ( SEPS / ESIDP): Beim Nachweis multipler(mehrerer) großkalibrigen Perforansvenen, thropische Störungen der Haut ( bräunliche Verfärbung, pergamentartige Veränderung, offenes Bein) erweitert die endoskopische Operation die therapeutischen Möglichkeiten.
Ein spezielles Instrument wird unterhalb der Faszia cruris eingebracht. Die besagten Venen aufgesucht ,verschlossen und durchtrennt. Die Operation wird über eine Kamera auf einen Monitor übertragen und dort verfolgt.
Der Vorteil der Methode besteht in dem Zugangsweg. Ausreichend ist ein kleiner Hautschnitt im Bereich der gesunden Haut zur Versorgung mehrerer o.g. Venen. Durch die Vergrößerung der Kamera verfügt man über eine bessere Übersicht. Auch fortgeschrittene Stadien der Venenerkrankung können damit effektiv behandelt werden.

Zu 4. Miniphlebektomie der Seitenäste-Seitenastexhairese = Entfernen der Seitenäste: Erkrankte operativ zu entfernende Seitenäste werden in atraumatischer Technik über kleinstmögliche Hautstiche mit hierfür speziell entwickelter Instrumente entfernt.

 

zusätzlich

Zu 5. Medikamentöse Verödung (Sklerosierung), Hochfrequenz Kaustik, Laser Behandlung:
Diese Methoden werden in der Regel in Kombination mit den o.g. Behandlungsmaßnahmen oder nach abgeschlossener Sanierung für kleinere Venenerweiterungen( Besenreiser, Retikuläre-und Seitenastvarizen) angewandt. Diese ergänzen sich in der Anwendbarkeit je nach Durchmesser der zu behandelnden Gefäßabschnitte.
Das Prinzip besteht darin, das versucht wird durch ein Medikament -bei Sklerosierung, und durch Hitze - bei Kaustik( Hochfrequenzstrom) und Laser (monochromes Licht) die Innenwand der entsprechenden Venenabschnitte kontrolliert so zu schädigen, dass diese verkleben. Durch das Medikament wird dabei eine gewollte Entzündung provoziert. Kaustik und Laser erhitzen gezielt den in den Blutgefäßen befindlichen roten Blutfarbstoff, wodurch die Gefäßinnenwände leicht geschädigt werden und dadurch verkleben. In Folge werden sie mangels Blutflusses vom Körper abgebaut.


Weitere alternative Behandlungs-Methoden 

1. C.H.I.V.A.- Methode (Franceschi 1988) la cure hemodynamique de l`insuffisance veineuse en ambulatoire
Diese konservative Methode beinhaltet das Unterbrechen der venösen Drucksäule im Stehen durch selektive Durchtrennung der veno-venösen Verbindungen nach genauer Duplexuntersuchung. Dabei wird die erkrankte vordere Stammvene ( Vena saphena magna ) belassen. Man hofft durch eine Veräderung im hydrostatischen Druck die Hämodynamik in der Vene zu verbessern und somit eine Normalisierung der degenerativ veränderten Venenabschnitte zu erzielen. Zu diesem Verfahren liegen zur Zeit noch keine gesicherten Langzeitergebnisse vor.

 

2. Die VNUS - Closure - Methode (Firma VNUS Medical Technologies, Sunnyvale CA 1996)
Endoluminale Refluxbehandlung der vorderen Stammvene ( VSM) mit Radiowellen Die Methode wird zur Behandlung der vorderen Stammvene ( Vena saphena magna) eingesetzt. Hier wird je nach Ausdehnung der Insuffizienz, ein spezieller endoluminaler Thermokatheter (85° C )vom Knöchel des betroffenen Beines unter Duplexkontrolle bis in die Leistenregion vorgeschoben. Der Katheter wird in die Vene eingeführt. Durch die bipolare Radiofrequenz-Energie erfolgt eine kontrollierte Verschweißung des Lumens durch Kollagenerhitzung von proximal nach distal ( von oben nach unten). Das Ziel der Behandlung besteht darin die vordere Stammvene zum Schrumpfen zu bringen und die Venenlichtung dauerhaft zu verschließen.
Bei ca.20 % der Venenpatienten mit Erkrankung im Bereich der vorderen Stammvene, kann diese Methode in örtlicher Betäubung angewandt werden. Zur Zeit fehlen noch Langzeitergebnisse. Momentan läuft über die Radiowellentherapie eine internationale Multicenterstudie.

 

3. Transilluminated Powered Phlebectomy (TIPP)oder TriVex System / Lichtquellentherapie durch Firma Smith & Nephew patentiert. Phlebektomie = Entfernen der erkrankten Seitenastvenen
Mit dem TriVex System werden die zu entfernenden Venenabschnitte mittels Illumination(Lichtstab) lokalisiert, und mit einem motorgetriebenen Resektor( rotierender Messerstab) entfernt. Diese Methode eignet sich zur Entfernung erkrankter Seitenastvenen.

 

4. Externe Valvuloplastie (EVP)
Bei dieser Methode wird der Mündungsbereich der erkrankten vorderen Stammvene ( Vena saphena magna) von aussen operativ eingeengt, mit dem Ziel eine Funktionsfähigkeit der erkrankten Mündungsschleusenklappe zu erreichen.
Voraussetzung für den Erfolg dieser Methode ist eine Venenklappe, die durch den Prozeß der Einengung volle Funktionsfähigkeit erlangt. Ist diese durch andere pathologische Prozesse bereits zerstört ist die Technik nicht einsetzbar. Eie Indikation zur EVP ist in etwa 8 % vorhanden.
Es liegen z.Zt. zwei prospektiv durchgeführte Vergleichsuntersuchungen zur EVP vor, die die Effektivität dieser Methode belegen sollen. In beiden Fällen wird die Valvuloplastie allerdings mit der isolierten Crossektomie ( Verschluß der Mündungsklappen durch Resektion des Mündungssegmentes) verglichen.
Dies entspricht aber nicht dem z.Zt. gültigen operativen Standardverfahren.

 

5. Bandaging (Manschetten -Technik) Der Grundgedanke ist im Prinzip mit der EVP zu vergleichen. In diesem Fall werden Kunststoffstreifen um den erweiterten Venenabschnitt operativ gelegt. Experimentelle Behandlungsform.

Eine Entscheidung wird immer individuell geprägt sein. Im Rahmen der Therapiefreiheit steht es jedem behandelnden Arzt zu, zu entscheiden welche Technik eingesetzt wird. Entscheidende Kriterien für eine erfolgreiche Therapie sind das Zusammenstellen eines adäquaten Behandlungsplanes und die professionelle Anwendung der Behandlungsmethoden.

 

Ein modernes Behandlungskonzept berücksichtigt pathophysiologische Veränderungen, bedient sich einer schmerzfreien Diagnostik und erlaubt unter professioneller Anwendung, notwendige Schritte durchzuführen unter Wahrung kosmetischer Kautelen!

"Soviel wie nötig, so wenig wie möglich"